Arbeits- und Führungswelten der Zukunft – Wie die Digitalisierung unser Leben verändert

02.05.2019

„Die Digitalisierung ist ein Vorhaben, das uns schon beschäftigt und uns wahrscheinlich nicht mehr so schnell loslässt.“ So das Fazit eines Teilnehmers am Kongress „Technologische Trends und New Work – Potenziale für die öffentliche Verwaltung“ am 10.04.2019 an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg. Die Veranstaltung ist Teil einer Reihe, die in Kooperation mit dem Staatsanzeiger Baden-Württemberg unter dem Titel „Arbeits- und Führungswelten der Zukunft“ jährlich durchgeführt wird.

Am Vormittag des 10.04.2019 reisten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in eine technologische Zukunft, die bereits keine mehr ist. Sondern schon (fast) Gegenwart. So erklärte Carsten Stauch von der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, wie durch die Verknüpfung von digitalen Datenblöcken zu sogenannten „Blockchains“ zukünftig Energieversorgung, aber auch Mobilität, kommunale Dienstleistungen und bürgerschaftliches Engagement gesteuert werden könnten. So könnten Bürger beispielsweise gezielt bestimmen, wofür ihre Steuergelder eingesetzt werden, anstatt die Verteilung dem Staat zu überlassen. Im Hinblick auf Wahlen würde man mittels Blockchain mit der Stimmenabgabe auch Geld übergeben. Man würde also keine Parteien mehr wählen, sondern Menschen, die Themen vertreten und sie mit den entsprechenden Mitteln ausstatten. Wenn die Hoffnungen nicht erfüllt werden, fordert man sein Geld zurück. Die technologischen Möglichkeiten sind zahlreich, die damit verbundenen ethischen Fragen ebenso.

Dies unterstrich auch das sich an den Auftaktvortrag anschließende erste Workshoppanel. Günter Wenzel vom Fraunhofer IAO zeigte, wie virtuelle Techniken die Planung und Kommunikation von Bauvorhaben erleichtern. Er machte deutlich, dass CAVE-Projekte (Computer Augmented Virtual Environment) vor allem die subjektive Verständlichkeit erhöhen und eine gesteigerte Akzeptanz schaffen. Sie schärfen den Fokus in der Diskussion und stärken das „Wir – Gefühl“. Die Potenziale für eine frühe Bürgerbeteiligung sind unerschöpflich. Dies zeigte auch die Diskussion mit den Teilnehmenden. Das Spektrum der Anwendungsideen reichte vom Einsatz im Hochwasserschutz, über die Planung von Neubauten bis hin zur Bestandsbewertung von Immobilien. Robert Müller-Török von der Hochschule Ludwigsburg meinte in seinem Workshop, dass für Smart-Cities die IT zwar wichtig, aber nicht allein entscheidend sei. Die technische Infrastruktur muss ausgebaut werden. Keine Frage. Aber anstatt lange zu planen, ist es viel wichtiger, einfach mal anzufangen. Digitalisierung entwickelt sich entlang einer E-Funktion, also rapide und exponentiell. Es geht darum, nicht beim Skillset, sondern beim Mindset anzusetzen. Eine Linie und vor allem einen Mehrwert für den Bürger zu generieren. Und auf Wissenstransfer zu setzen. Asiatische Städte können als Vorbild dienen. Im Sinne einer „Speisekarte“. Nur das, was einem schmeckt, sollte man auch für sich selbst auswählen und umsetzen. Birte Lönneker-Rodman und Patricia Wrzesniewski zeigten, was Chatbots leisten. Sie machen das Leben in der Verwaltung leichter, indem sie Auskunft geben, Transaktionen vorbereiten und durchführen, Routinearbeiten übernehmen und damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten.

Der Nachmittag des 10.04.2019 gehörte „New Work“. Mit „New Work“ als Denkansatz und Bewegung wird versucht, auf die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen und die Veränderungen in den Organisationen zu reagieren. Ziel ist ein Wandel des Verständnisses und der Ausgestaltung von Arbeit in der Praxis. Dabei geht es um die Veränderung der Führungskultur (weg von starren Strukturen und Kontrolle hin zu liquiden Netzwerken und Vertrauenskultur), um die Veränderung des Arbeitsumfeldes (weg von Einzelbüros und tristen Großraumbüros hin zu einem kommunikativen und kreativitätsfördernden Umfeld) und um eine neue Form der Zusammenarbeit (weg vom klassischen Bildschirmarbeitsplatz hin zu virtueller Vernetzung und Zusammenarbeit). Wie das konkret gehen kann, und dass es sehr viel mehr ist, als Tischkicker und Bällebad, zeigte Thomas Hohe von der Robert Bosch GmbH. Eindrücklich durften die Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer verfolgen, wie sich der indirekte Einkauf der Firma Bosch neu erfunden hat. Und wie daraus nicht nur Motivation und Einsatzfreude auf Seiten der Mitarbeitenden entstehen, sondern auch ganz handfeste Effizienzgewinne in den Prozessen und Innovationen.

Eindrücklich ging es im sich daran anschließenden Workshoppanel weiter. Stefan Kaufmann von der Stadtverwaltung Ulm zeigte, wie bürgergetrieben gemeinsame Lösungen für die Stadt geschaffen werden können. Bottom-Up, statt Top-Down. In Ulm etablierte sich unter den Innovationsprinzipien: offen, für alle, nachhaltig und clever das „Verschwörhaus“. Ein Ort, an dem IT-Begeisterte im digitalen Ehrenamt gesellschaftliche Probleme angehen. Ziel ist es, Experten mit intrinsischer Motivation dafür zu gewinnen, Verwaltungsdienstleistungen zukunftsorientierter zu gestalten. Das Projekt arbeitet nutzerzentriert und denkt auch analoge Alternativen mit. Für Ulm bedeutet Partizipation nicht, Zettel an eine Pinwand zu kleben. Sondern in den generationenübergreifenden Dialog zu treten und in Diskussionen Themen kritisch zu beleuchten. Ein kritischer Blick ist angebracht, fand auch Anna Steidle von der Hochschule Ludwigsburg. Nämlich immer dann, wenn es um Stress, Ressourcen und Erholung im Kontext neuer Arbeitsformen geht. Zu viel Freiheit und Selbstorganisation überfordern. Zu viel Stress kann die vorhandenen Gesundheitsressourcen erschöpfen. Mehr denn je wird es in der neuen Arbeitswelt wichtig, die Balance zu halten. Zwischen Belastungen einerseits und den zur Verfügung stehenden Ressourcen andererseits. Durch die kluge Gestaltung von Arbeitsräumen, durch eine entsprechende Pausengestaltung und durch die Befähigung der Mitarbeitenden und der Führungskräfte für den Umgang mit Stressoren lässt sich eine Menge erreichen. Dazu braucht es keine großen Investitionen. Nur den Mut zur Umsetzung und ein „Gewusst wie“. Dieses konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in diesem Workshop mitnehmen. Auch Alexander Piele vom Fraunhofer IAO beschäftigte sich mit „New Work“. Er allerdings legte seinen Schwerpunkt auf ortsflexibles und mobiles Arbeiten. Sein Workshop zeigte Chancen und Risiken und gab den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Empfehlungen für eine erfolgreiche Umsetzung.

Mit Kathrin Pollmann vom Fraunhofer IAO und ihrer Frage: „Homo Digitalis – Sind wir bereit für die digitale Revolution“ endete ein spannender Tag. Ein Tag, der dazu aufgefordert hat, den Satz: „Bei uns in der Verwaltung geht das nicht.“ aus dem eigenen Repertoire zu streichen. Und ihn zu ersetzen durch: „Einfach mal machen!“ So, wie wir das an der Hochschule Ludwigsburg tun. Denn wir arbeiten bereits am Programm für den nächsten Kongress. Und freuen uns darauf, Sie am 01.04.2020 dazu begrüßen zu dürfen.

Den aktuellen Tagungsfilm finden Sie auf der Website des Kompetenzzentrums im IAF.

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