Bericht zur Fachtagung Islam in Recht, Gesellschaft und Verwaltung

05.02.2019

In den vergangenen Jahren spielt das Thema „Islam“ eine immer wichtigere Rolle im deutschen Recht, den Verwaltungen und der Gesellschaft. Dies spiegelt sich auch im öffentlichen Diskurs wieder. Manch einer fragt sich: Sind die vielen Debatten notwendig?

Professor Dr. Christian F. Majer verdeutlichte, wie wichtig es sei im Gespräch zu bleiben. Leider verhärten sich viel zu häufig die Fronten und die Debatten um den Islam bleiben bei Etiketten oder Schlagworten stehen, im schlimmsten Fall werden sie sogar abgebrochen. Ein Diskursabbruch ist jedoch schädlich für unsere pluralistisch geprägte Gesellschaft, denn Ausgrenzung fördert Radikalisierungsprozesse auf beiden Seiten.

Dies nahmen die Professoren Dr. Christian F. Majer (HVF Ludwigsburg) und Dr. Mouez Khalfaoui (Universität Tübingen) zum Anlass, während des Zeitraums vom 24. bis 25. Januar an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg eine Fachtagung rund um den Islam zu veranstalten.

Hierbei wurde dieser auf sachlicher Ebene - ohne Vorurteile und Stigmatisierungen - aus soziologischer, juristischer und theologischer Perspektive beleuchtet. Insgesamt zehn Experten befassten sich in spannenden Vorträgen mit Fragen wie zum Beispiel: 

  • Was ist der Auslöser für Moscheekonflikte und wieso nehmen diese zu?  Dr. habil Jörg Hüttermann beschäftigte sich mit dem sich ständig wandelnden Verhältnis zwischen Zuwanderern und Alteingesessenen.
  • Was besagt das islamische Strafrecht und wäre es mit dem Grundgesetz vereinbar? Welche Relevanz hat der muslimische Glaube im deutschen Strafrecht? Das verdeutlichte Strafrechtsexperte PD Dr. Zehetgruber von der Universität Bayreuth.
  • Ist die Polygamie geschützt? Sind islamische Ehescheidungen in Deutschland anzuerkennen? Wie geht der deutsche Staat rechtlich mit Ehen von Minderjährigen um? Die Anzahl der Kinderehen in Syrien ist seit dem Bürgerkrieg von 17 % auf 51% angestiegen, erklärte Prof. Dr. Christian F. Majer.
  • Wie steht eigentlich die islamische Theologie zum Thema Minderjährigenehe? Besteht und bestand hier ein Konsens der Islamgelehrten? Prof. Dr. Mouez Khalfaoui vom ZITH der Universität Tübingen beleuchtete die islamisch-theologische Debatte und wies darauf hin, dass Kinderehen vorwiegend ein soziales Problem darstellen.
  • Wie verhält sich der Islam zu den Menschenrechten? Prof. Dr. Ben Abdeljelil von der PH Ludwigsburg erläuterte dieses spannende Thema und stellte Unterschiede und Gemeinsamkeiten heraus.
  • Gibt es Unterschiede zwischen muslimischen Migranten und nichtmuslimischen? Das stellte Prof. Dr. Jörg Dürrschmidt zur Frage und konstatierte anhand einer Statistik über türkische und jugoslawische Migranten deutliche Unterschiede im Heiratsverhalten, bei ersteren war Endogamie viel weiterverbreitet.
  • Wie kann eine nur religiös geschlossene Ehe geschieden werden, so dass das soziale Umfeld die Scheidung akzeptiert? Wie können auftretende Konflikte gelöst, worauf muss geachtet werden? Prof. Dr. Matthias Rohe (Universität Erlangen) beschäftigte sich mit dem Thema Streitbeilegung bei Muslimen.
  • Wie können islamische Beerdigungen in Deutschland aussehen? Gibt es dafür finanzielle Unterstützung? Wie ist es mit Sanktionen und dem Verkauf von Alkohol? Solch praktische Fragen aus dem Sozialrecht beleuchtete Prof. Dr. Judith Dick von der Evangelischen Hochschule Berlin.

Es fanden lebhafte und spannende Diskussionen statt. Thema war zum Beispiel die aktuelle Kopftuchdebatte im Anschluss an den Vortrag von Prof. Dr. Kerstin Wiese (Hochschule Bremen). Das gegenseitige Verständnis wurde dadurch gefördert.

Treffend sagte Prof. Dr. Rohe: „Es gibt kein ‚Wir‘ und ‚Die‘. Wir müssen aufhören mit dem ‚othering‘!“

 

Ramona Klenk und Alicia Sauter

Prof. Dr. Mouez Khalfaoui bei der Auftaktveranstaltung zum Thema Islamische Eheschließung und Scheidung in Deutschland

in der Podiumsdiskussion wurden zahlreiche Fragen der Teilnehmenden erörtert

Prof.es Dr. Mathias Rohe und Dr. Christian F. Majer in angeregtem Diskurs