Rechtswidrige Beförderungspraxis im Umweltministerium Rheinland-Pfalz

11.11.2020

Der Landtag wird sich heute mit der als rechtswidrig eingestuften Beförderungspraxis im grün-geführten Umweltministerium befassen. Die CDU-Opposition hat dazu eine Aktuelle Debatte beantragt.

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hatte die Beförderungspraxis im Umweltministerium im August in einzelnen Fällen als rechtswidrig eingestuft und von einem von Willkür geprägten System gesprochen.

SWR-Recherchen hatten jüngst gezeigt, dass Mitarbeiter im Umweltministerium seit mindestens zehn Jahren rechtswidrig befördert wurden. So hatte das Ministerium in dieser Zeit darauf verzichtet, Beförderungsstellen auszuschreiben. Außerdem hatte es in den meisten Fällen darauf verzichtet, vorgeschriebene Beurteilungen für die Mitarbeiter anzufertigen. Umweltstaatssekretär Thomas Griese (Grüne) hatte sich nach Bekanntwerden des OVG-Urteils im Landtag entschuldigt und angekündigt, die Beförderungspraxis zu ändern.

Die CDU-Opposition spricht nach den SWR-Recherchen wörtlich von Zuständen "fast wie in einer Bananenrepublik" und verlangt Aufklärung von Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne). Die AfD-Fraktion fordert den Rücktritt von Höfken und Griese.

In einer Reaktion auf die am Montag veröffentlichen SWR-Recherchen sagte Staatssekretär Griese dem SWR Fernsehen: "Das Einzige, was eben zu ändern ist, dass das nicht in einem formalisierten Beurteilungsverfahren geschehen ist, das haben wir geändert. Aber es gibt keinen Grund uns da Verstöße gegen das Grundgesetz oder gegen das Beamtengesetz vorzuwerfen.“

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Arbeits- und Verfassungsrechtler äußern scharfe Kritik

Arbeits- und Verfassungsrechtler sehen diese Äußerungen des promovierten Juristen und ehemaligen Richters am Arbeitsgericht Köln kritisch. Der Parteien- und Verfassungsrechtler Martin Morlok aus Düsseldorf sagte dem SWR, die offensichtlich bisherige Praxis im Ministerium habe sowohl gegen das Beamtengesetz als auch gegen das Grundgesetz verstoßen. Dass Staatssekretär Griese hier keine Verstöße sehe, komme indirekt einer starken Rüge des Oberverwaltungsgerichts gleich: "Kein vernünftiger Mensch kann Zweifel haben, dass diese Beförderungspraxis rechtswidrig war. Und wenn der Staatssekretär dann sagt: Das war nicht so. Heißt das eben um die Ecke gedacht: Das Gericht lag falsch. Und dass die Regierung Gerichte rügt, das ist ausgesprochen schlechter politischer Stil."

Morlok kritisiert auch, dass Griese das jahrelange Vorgehen bei den Beförderungen nach Bekanntwerden des OVG-Urteils als "verwaltungsvereinfachendes Verfahren" bezeichnet hatte: "Verwaltungsvereinfachung darf nicht ein anderes Wort für Rechtswidrigkeit sein", so Morlok.

Der Arbeitsrechtsexperte Arnd Diringer von der Hochschule Ludwigsburg sagte dem SWR, das Oberverwaltungsgericht habe in ungewöhnlich deutlichen Worten dargelegt, dass das Auswahlverfahren grob rechtswidrig gewesen sei: "Dass der Staatssekretär dennoch keine Verstöße seines Ministeriums gegen das Grundgesetz oder beamtenrechtliche Vorgaben sieht, verwundert. Es geht hier nicht um eine bloße "Formalie".

Prof. Dr. Arnd Diringer